Zeitbrief Nr. 65

 


Willkommen beim 65. my_time Zeitbrief – August 2005
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zeitbrief@zeitbalance.de

» Inhalt

» Editorial
» Zeitnotizen und -gedanken
» Der 1. Satz
» Schnell well
» Höllisch langsam
» Therapie-Zeit
» Medientip: Kinder-Zeit
» Zeitgedicht
» Dichter zur Zeit
» my_time
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» Editorial

Die Zeiten ändern sich. Schöpferische Muße, ein antikes Ideal und
damals das Gegenteil von Arbeit, braucht kaum noch jemand. Warum?
Fast alles Erdenkbare ist bereits erdacht. Wir müssen nicht mehr selber
kreativ und erfinderisch sein, es reicht, aus dem Vorhandenen auszu-
wählen. Das geht zudem wesentlich schneller. Ein langer Weg vom
Privileg der Muße zur Qual der Wahl.

Eine schöne Zeit bis zum nächsten -brief wünschen

Wolfgang Hamm, Anja und Hans D. Brandhoff
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» Zeitnotizen und -gedanken

'Paß dich dem Schritt der Natur an: ihr Geheimnis heißt Geduld.'
(Ralph Waldo Emerson)

'Nur im ruhigen Teich spiegelt sich das Licht der Sterne.'
(Chinesisches Sprichwort)
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» Der 1. Satz – Buchanfänge

'Miro hatte ein Handy und zwei Flügel.'
(Dimitré Dinev: Engelszungen)

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» Schnell well

'Teuer verkauft wird, was dem Eiligen Zeit spart – oder ihm wertvolle
Ausstiege aus der Hektik ermöglicht: Wohnen mit „zeitlosen“ Klas-
sikern. Slow Food. 30 Jahre im Fass gereifter Whisky. Jahrgangswein.
Wellness. Und wenn selbst dazu die Zeit nicht reicht? „Wir müssen
das Entschleunigen beschleunigen. Wir brauchen nicht Wellness,
sondern Speed-Wellness“, empfiehlt Andreas Steinle, früherer
Geschäftsführer des Hamburger Trendbüros.'

(Aus GEO 08/2005, Titelthema ZEITNOT)
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» Höllisch langsam

'Wir haben eine sehr idyllische Vorstellung davon, wie es wäre, Anlässe
verlangsamen zu können. Was aber passiert, wenn wir wirklich erfolg-
reich verlangsamen? Die meisten von uns, wenigsten im industriali-
sierten Westen, werden sagen, dass es umkippt in Langeweile.

Und Psychiater berichten vom pathologischen Extrem der Langeweile
bei Menschen mit schweren Depressionen. Diese sagen oft, dass die
Zeit so langsam vergehe, dass jeder Augenblick wie eine Ewigkeit
erscheine.

Ganz im Gegensatz zu Jimmy Connors [Profisportler], der jeden
Moment als Ewigkeit erleben will, um den Ball zurück zu schlagen,
werden schwer depressive Menschen sagen, dass es eine Ewigkeit
der Hölle sei.'

(Prof. Robert Levine)
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» Falsche Party

'Neben den Tod trat dann aber ein beinahe noch ärgerer Widersacher
des Menschen: die Angst, das Meiste, das Wichtigste und das Beste
zu versäumen. Wir heute würden sagen: die Sorge, immer auf der
falschen Party zu sein, der Wunsch, auf vielen Hochzeiten zugleich
zu tanzen.

Die Moderne, die viele sich als einen triumphalen Aufbruch des Men-
schen in die vernunftgemäße Weltgestaltung vorstellen, ist wohl eher
inspiriert von einer panisch gewordenen Todesfurcht. Um sie zu be-
siegen tritt man den Weg an, Natur zu besiegen.

Zunächst galten alle Anstrengungen des Menschen, der sein Geschick
selbst in die Hand nehmen will, der Naturbemächtigung, der Siche-
rung vor den Willkürakten der Natur. Zu Descartes Programm gehört
die Ausmerzung der Überraschung und die Herstellung vollkommener
Berechenbarkeit der Weltläufe.

Naturbeherrschung heißt, deren Gesetzmäßigkeit zu durchschauen,
um ihr Befehle geben zu können. Wissen, wie etwas funktioniert,
bedeutet, es nutzen zu können. Der Tod wird nun aufgefasst als
ein Defekt in der Natur des Menschen, den man beheben will.

Die Konsequenz dieses Denkens technisch herstellbarer Unsterblichkeit
blitzt in den Hoffnungen auf die Gentechnik bei den nun doch schon
fast Gestrigen, aber noch immer sehr vielen, auf.'

(Thomas Gutknecht)
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» Therapie-Zeit

'(...) einige Merksätze für den praktischen Umgang mit Zeit
in der Therapie:

- Die Therapie selbst sollte eine Auszeit von der Zeit sein - nicht zu
lang, nicht zu kurz, nicht zu schnell, nicht zu langsam.

- Dazu müssen sich die Partner aufeinander abstimmen - so wie in
Irland zwei Menschen, die sich irgendwo treffen, zuerst eine Viertel-
stunde über das Wetter reden, sollte in der Therapie zuerst ein
gemeinsamer Rhythmus gefunden werden.

- Nur wenn’s gar nicht anderes geht, wird man das explizit tun
müssen (Metakommunikation über Zeit).

- Man sollte mit der „Zeit“ behutsam umgehen. Zeitreisen ohne Not
bringen meist mehr Durcheinander als Lösung.

- „Über Zeit reden“ braucht Bilder und Geschichten.

- Zeit ist nie erledigt, sie wird uns immer wieder beschäftigen.

- Der passende Umgang mit Zeit ist, zumindest für den Moment, dann
gefunden, wenn wir nicht mehr über Zeit reden müssen, wenn die Zeit
in der Gegenwart verschwindet.'

(Dr. Helmut de Waal über Zeit in der systemischen Therapie,
aus Systemische Notizen 02/05)
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» Medientip: Kinder-Zeit

Interessantes zum kindlichen Zeitbewußtsein steht in der online
veröffentlichten Dissertation von Simone Wissing:
Das Zeitbewusstsein des Kindes. Eine empirisch-qualitative Studie zur
Entwicklung einer Typologie der Zeit bei Kindern im Grundschulalter.

Link: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/volltexte/2005/5437/pdf/komplett.pdf
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» Zeit-Gedicht

Mit vierzig Jahren

Mit vierzig Jahren ist der Berg erstiegen,
Wir stehen still und schaun zurück;
Dort sehen wir der Kindheit stilles liegen
Und dort der Jugend lautes Glück.

Noch einmal schau, und dann gekräftigt weiter
Erhebe deinen Wanderstab!
Hindehnt ein Bergesrücken sich, ein breiter,
Und hier nicht, drüben geht's hinab.

Nicht atmend aufwärts brauchst du mehr zu steigen,
Die Ebene zieht von selbst dich fort;
Dann wird sie sich mit dir unmerklich neigen,
Und eh' du's denkst, bist du im Port.

(Friedrich Rückert, 1788-1866)
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» Dichter zur Zeit

'Aus Mangel an Ruhe läuft unsere Zivilisation in eine neue Barbarei
aus. Zu keiner Zeit haben die Tätigen, das heißt die Ruhelosen, mehr
gegolten. Es gehört deshalb zu den notwendigen Korrekturen, welche
man am Charakter der Menschheit vornehmen muss, das beschauliche
Element in großem Maße zu verstärken.'

(Friedrich Nietzsche)
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» my_time

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