Zeitbrief Nr. 62

 


Willkommen beim 62. my_time Zeitbrief – Mai 2005
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zeitbrief@zeitbalance.de

» Inhalt

» Editorial
» Zeitnotizen und -gedanken
» Der 1. Satz
» zeitlich unterscheiden
» zeitlich freihalten
» zeitlich bestehen
» Zeitgedicht
» Dichter zur Zeit
» my_time
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» Editorial

In einem Buch über die Gestalttherapie haben wir eine schöne Anregung
zum Thema Chaos und Ordnung gefunden: jede Aufgabe besteht aus
den drei Phasen Vorbereitung - Aktion - Beendigung. Ordnung entsteht,
wenn wir alle Phasen bewußt nutzen, insbesondere die letzte, die unsere
Umgebung wieder in eine neue Ausgangslage bringt.

Eine schöne Zeit bis zum nächsten -brief wünschen

Wolfgang Hamm, Anja und Hans D. Brandhoff

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» Zeitnotizen und -gedanken

'Die Zeit ist ein Fluß, ein ungestümer Strom, der alles fortreißt.
Jegliches Ding, nachdem es kaum zum Vorschein gekommen,
ist auch schon wieder fortgerissen, ein anderes wird herbei
getragen, aber auch das wird bald verschwinden."
(Marc Aurel)

'Etwas Bornierteres als den Zeitgeist gibt es nicht.
Wer nur die Gegenwart kennt, muß verblöden.'
(Hans Magnus Enzensberger)
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» Der 1. Satz - Buchanfänge

'An dem Tag, als die gute Neuigkeit kam, spielte Catherine die ersten
Stunden nach dem Aufwachen mit dem Gedanken, aus dem Fenster
zu springen.'
(Michel Faber: Die Unvollendete)

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» Eigenzeit 1799

"Eigentlich hat jedes veränderliche Ding das Maß seiner Zeit in sich;
dies besteht, wenn auch kein anderes da wäre; keine zwei Dinge der
Welt haben dasselbe Maß der Zeit. Mein Pulsschlag, der Schritt oder
Flug meiner Gedanken ist kein Zeitmaß für andere; der Lauf eines
Stromes, das Wachstum eines Baumes ist kein Zeitmesser für alle
Ströme, Bäume und Pflanzen.

Des Elephanten und der Ephemere Lebenszeiten sind einander sehr
ungleich, und wie verschieden ist das Zeitenmaß in allen Planeten!
Es gibt also (man kann es eigentlich und kühn sagen) im Universum
zu einer Zeit unzählbar viele Zeiten; die Zeit, die wir uns als das
Maß aller denken, ist bloß ein Verhältnismaß unserer Gedanken,
wie es bei der Gesamtheit aller Orte einzelner Wesen des Universums
jener endlose Raum war.

Wie dieser, so wird auch seine Genossin, die ungeheure Zeit, das
Maß und der Umfang aller Zeiten, ein Wahnbild. Wie er, der bloß
die Grenze des Orts war, zum endlosen Kontinuum gedichtet werden
konnte, so mußte Zeit, an sich nichts als ein Maß der Dauer, sofern
diese durch eigne oder fremde Veränderungen bestimmbar ist, durch
ein immer und immer fortgesetztes Zählen zu einer zahllosen Zahl,
zu einem niegefüllten Ozean hinabgleitender Tropfen, Wellen und
Ströme werden.'

Johann Gottfried Herder (Ephemere: Eintagsfliege)
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» zeitlich freihalten

'Die Zeitinsel ist eine besondere Form der Haltestelle. Bei einer Zeitinsel
wird für die Ein- und Aussteigenden mittels einer Ampel ein Bereich der
Straße freigehalten. Dadurch entfallen die ansonsten notwendigen
baulichen Einrichtungen, wie beispielsweise eine Mittelinsel. Sie wird
in der Regel für Straßenbahnen, seltener für Stadtbahnen eingesetzt.

(http://de.wikipedia.org)
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» zeitlich bestehen

Lebewesen haben vier Verfahren des zeitlichen Bestehens herausgebildet.

1. Pflanzen und Tiere haben mit den Tropismen und Instinkten überwie-
gend auf die verlässlichen Aspekte jener Zukünfte gesetzt, welche aus
der Vergangenheit sicher extrapoliert werden können. Sie bauen orga-
nische Gedächtnis- und Steuerungsstrukturen auf, welche für (fast) alle
wichtigen Lebenssituationen erfolgreiche Verhaltensweisen bereithalten.

Ihre Vorfahren haben ja damit überlebt und sie als Nachwuchs hervor-gebracht. Solange die Welt nicht allzu heftig ändert, ist das eine ebenso
effektive wie äußerst elegante Strategie.

2. Aber sie hat Grenzen dort, wo Weltaspekte, um die sich zu kümmern
man nicht herumkommt, allzu variabel werden. Komplexeren und eher
lang lebenden Tieren reicht das nicht, sie ergänzen dies mit zunehmend
differenzierterer Herausbildung von Individualgedächtnis: Verwertung der
eigenen Erfahrungen, nicht mehr bloß simpler Verlass auf diejenigen der
Vorfahren.

Das ist insbesondere für das Sozialleben von Vorteil, aber auch für
Ernährung und Fortpflanzung bedeutsam. Es führt jedoch auch
Unsicherheit ein.

3. Lassen sich nicht auch kollektive Erfahrungsschätze bilden, welche die
Vorbereitetheit aufs Seltene, Unvorhersehbare verbessern. Unvorherseh-
bares ist ja nicht total neu, sondern enthält immer auch viel Momente
von Bekanntem. Die Kunst, Allgemeinbegriffe zu bilden, ist ja schon im
Instinktkonzept erfunden worden.

Das Individualgedächtnis könnte jedoch gewaltig bereichert werden,
wenn es manifeste Erfolgsstrategien auch aus der Erfahrung von
andern übernimmt. Dies geschieht in der Herausbildung von animalen
und humanen Traditionen oder Kulturen.

4. Eine noch raffiniertere Strategie setzt nicht mehr nur auf die Vorher-
sagbarkeit der Welt, sondern auf ihre Manipulation in einem Sinne,
welche die Unvorhersagbarkeit ihres Laufs vermindert. Weltveränderung,
kollektiv unternommene Weltgestaltung, zeichnet insbesondere die
humanen Kulturen aus. Auch das ist eine Form von Gedächtnis; freilich
nicht so sehr eine Fixierung von Erfahrungen, sondern eine Voraus-
manipulation möglicher Erfahrungen.

Die Konstruktion und der Einsatz von Uhren für die Steuerung des
sozialen Geschehens und die Entwicklung entsprechender Zeit- und
Entwicklungsbegriffe sind eine der Schlüsseltechniken in diesem Prozess.

(Aus Alfred Lang, Fluss und Zustand, 1977)
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» Zeit-Gedicht

Lied eines Vogels

Vor meinem Fenster
singt ein Vogel.

Still hör ich zu; mein Herz vergeht.

Er singt,
was ich als Kind besaß
und dann - vergessen.

(Arno Holz)
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» Dichter zur Zeit

'Die Zeit ist eine Legende und ein Mysterium: Sie hat zehntausend
Gesichter, sie brütet über allen Bildern dieser Erde und verwandelt
sich mit ihrer fremden, unirdischen Glut.

Man fängt die Zeit in große Uhren ein und hängt sie auf in großen
Türmen; der wuchtige Glockenschlag der Zeit dröhnt durch die
dunkle Luft der schlafenden Städte, die Zeit tickt im winzigen
Pulsschlag einer kleinen Uhr an einem Frauenarm, die Zeit gibt
Beginn und Ende jedes Menschenlebens an, und jeder Mensch hat
eine andere, seine eigene Zeit."

(Thomas Wolfe)
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» my_time

Nächstes offenes Zeitbalance-Seminar: 8.-9. September 2005
im Luisenhof Visselhövede, http:/www.seminarhotel-luisenhof.de

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