Willkommen beim 61. my_time Zeitbrief April 2005
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» Inhalt
» Editorial
» Zeitnotizen und -gedanken
» Der 1. Satz
» Ausgebremst
» Reine Dauer
» Habe nun ach, Pharmazie ...
» Antiquariat
» Zeitgedicht
» Dichter zur Zeit
» my_time
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» Editorial
In der täglichen Eile haben solche Aufgaben eine gute Chance, erledigt
zu werden, die schnell getan und abgehakt sind. Sie fahren auf der
Überholspur, und langfristige Vorhaben und Projekte stehen derweil
im Stau. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: schnelle Erfolgserlebnisse
und das Gefühl, viel getan zu haben allerdings nicht unbedingt das
eigentlich Wichtige.
Dabei bestehen viele bedeutsame Vorhaben im Detail wiederum aus
einzelnen Aufgaben, die schnell erledigt und abgehakt sind. Deshalb
lassen sie sich mit etwas Weitsicht und Rücksicht wie im Reißverschluß-
prinzip vor der Tagesbaustelle einfädeln.
Eine schöne Zeit bis zum nächsten -brief wünschen
Wolfgang Hamm, Anja und Hans D. Brandhoff
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» Zeitnotizen und -gedanken
'Paß dich dem Schritt der Natur an: ihr Geheimnis heißt Geduld.'
(Ralph Waldo Emerson)
'In der Gewohnheit ruht das einzige Behagen des Menschen; selbst
das Unangenehme, woran wir uns gewöhnten, vermissen wir ungern.'
(Johann Wolfgang von Goethe)
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» Der 1. Satz Buchanfänge
'Wenn die schöne Jahreszeit ihrem Namen Ehre macht und das Tirili
der Vögel mich zeitig wecken konnte, weil ich den vorigen Tag zur
rechten Stunde beendigte, gehe ich gern schon vor der ersten Mahlzeit
und ohne Hut auf eine halbe Stunde ins Freie, in die Allee vorm Hause
oder auch in die weiteren Anlagen, um von der jungen Morgenluft
einige Züge zu tun und, bevor die Arbeit mich hinnimmt, an den
Freuden der reinen Frühe ein wenig teilzuhaben.'
(Thomas Mann: Herr und Hund)
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» Ausgebremst
'Wenn Licht die höchste Geschwindigkeit hat ...
... was hat dann eigentlich die niedrigste?'
(Frage eines Lesers an den Wiener "Standard".
Antworten unter http://derstandard.at/?url=/?id=1167488)
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» Reine Dauer
'Die ganz reine Dauer ist die Form, die die Aufeinanderfolge unserer
Bewußtseinsvorgänge annimmt, wenn unser Ich sich dem Leben über-
läßt, wenn es sich dessen enthält, zwischen dem gegenwärtigen und
den vorhergehenden Zuständen eine Scheidung zu vollziehen.
Dazu hat es keineswegs nötig, sich an die vorübergehende Empfindung
oder Vorstellung ganz und gar zu verlieren; denn dann würde es ja im
Gegenteil zu dauern aufhören. Ebensowenig braucht es die vorange-
gangenen Zustände zu vergessen: es genügt, wenn es diese Zustände,
indem es sich ihrer erinnert, nicht neben den aktuellen Zustand wie
einen Punkt neben einen anderen Punkt stellt, sondern daß es sie mit
ihm organisiert, wie es geschieht, wenn wir uns die Töne einer Melodie,
die sozusagen miteinander verschmelzen, ins Gedächtnis rufen.
Könnte man nicht sagen, daß, wenn diese Töne auch aufeinander
folgen, wir sie dennoch ineinander vernehmen, und daß sie als Ganzes
mit einem Lebewesen vergleichbar sind, dessen Teile, wenn auch
unterschieden, sich trotzdem gerade durch ihre Solidarität gegenseitig
durchdringen?'
Aus Henri Bergson: Zeit und Freiheit, 1911
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» Habe nun ach, Pharmazie ...
'Es zeigte sich, dass eine Fachkultur, nämlich die der Pharmazeuten
und Chemiker, den geringsten Zeitwohlstand ermöglicht, verbunden
mit der geringsten durchschnittlichen Freizeitzufriedenheit und dem
höchsten mittleren Zeitstress der Befragten. Wir nennen sie eine
„zeitintensive, inhaltsregulierte Anwendungskultur“. Den stärksten
Kontrast zu ihr bildet die „geistes- und sozialwissenschaftliche
Reflexionskultur“ mit dem höchsten Zeitwohlstand. Dazu zählen
die Psychologen, Sozialwissenschaftler, Theologen sowie ein Teil
der Geschichts- und Erziehungswissenschaften.
Interessant ist auch ein weiteres Ergebnis: Wir bestimmten vier
Formen des „Zeitcopings“, d.h. von Strategien der Bewältigung
von Zeitproblemen: „Mitschwimmen“, „Planen“, „Verwerten“ und
„Entschleunigen“. Bei der Form des „Verwertens“, dem am ehesten
die Überzeugung „Zeit ist Geld“ zugrund liegt, äußerten die Stu-
dierenden der anwendungsbetonten Fächer Rechts-, Wirtschafts-,
Ingenieurwissenschaften und Mathematik im Durchschnitt die
höchsten Werte, dagegen die der genannten „geistes- und sozial-
wissenschaftlichen Reflexionskultur“ die geringsten.'
Prof. Dr. Hartmut Lüdtke
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» Antiquariat
'Bücher sind in der Tat antiquiert. Es gibt so etwas wie eine „heimliche
Allianz“ zwischen der Antiquiertheit des Menschen und derjenigen des
Buchmediums. Gerade das Antiquierte ist jedoch angesichts des
Überangebots der neuen Medien das Reizvolle am alten Medium
Buch, womit ich beispielsweise seinen Purismus meine. Es hat weder
die Möglichkeit, Töne oder Lichtwellen zu registrieren, noch hat es
Links oder ähnliches.
Das Buch ist ein vergleichsweise 'langsames' Medium, denn zwischen
dem Verfassen und der Publikation vergeht sehr viel Zeit. Damit fällt
es aus den heute bestimmenden Geschwindigkeitsordnungen heraus,
weshalb es ebenfalls exzentrisch ist. Dabei verdamme ich die neuen
Medien, die ich selbst sehr intensiv nutze, keineswegs. Jedoch ist die
Medienflut nur zu ertragen, solange man bisweilen Zuflucht beim alten
Medium Buch sucht.
Der „antiquierte“ Mensch hat nur eine begrenzte Kapazität, um Daten
aufzunehmen. Das Buch ist deshalb geradezu mystisch, da es arm und
reich zugleich ist; seine Armut ist sein Reichtum. Es dient noch der
Kategorie Sinn, was in einer immer mehr zur Unsinnsgesellschaft
werdenden Gesellschaft notwendig ist.'
Jochen Hörisch, Medienwissenschaftler
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» Zeit-Gedicht
Sprüche der Zeit
Daß du über der Zukunft
nur nicht ihr stetes Dasein vergißt!
Es gibt eine Gegenwart,
die ewig ist.
Lern in derZeit dein Urbild finden,
geht dem eben Hand in Hand,
es gilt de Stoff zu überwinden
Tod ist es Lebens höchstes Unterpfand.
Prüfe, was Bestand verleiht;
Starrheit ist nicht Festigkeit.
(Richard Dehmel)
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» Dichter zur Zeit
'Schön ist die Zeit der jungen Liebe! Sie ist gleich der Morgendämme-
rung, wo die Himmel im Osten leise sich rötet, wo Knospen, Blumen
und alles Leben dem kommenden Tag in die Arme schlummern und
nur hin und wieder eine Lerche, den Tau von den Flügeln schüttelnd,
jubelnd, glückverkündend emporsteigt.'
(Wilhelm Raabe)
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» my_time
Nächstes offenes Zeitbalance-Seminar: 8.-9. September 2005
im Luisenhof Visselhövede, http:/www.seminarhotel-luisenhof.de
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