Zeitbrief Nr. 56

 


Willkommen beim 56. my_time Zeitbrief – November 2004
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zeitbrief@zeitbalance.de

» Inhalt

» Editorial
» Zeitnotizen und -gedanken
» Der 1. Satz
» 3 Tage Weekend
» Vom Raum zur Zeit
» Das ganze Leben
» Zeit-Gedicht
» Dichter zur Zeit
» my_time
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» Editorial

Das Problem mit der Zeit. Mit vielen alten und neuen Mitteln und Ideen
versuchen wir es zu anzugehen, und es will nicht immer recht gelingen.
Was wäre, wenn wir losließen und nicht mehr versuchten, das Problem
zu lösen, sondern uns von diesem Problem zu lösen?

Dann sähen wir vielleicht, daß die Zeit gar nicht das eigentliche Thema
ist - sondern so etwas wie das Füllen der Leere, die Grenzen des Seins,
das Ermöglichen von Gemeinsamkeit, der tiefe Sinn ...

Eine schöne Zeit bis zum nächsten -brief wünschen

Wolfgang Hamm, Anja und Hans D. Brandhoff
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» Zeitnotizen und -gedanken

'Gefühle, Blumen und Schmetterlinge leben desto länger, je später
sie sich entwickeln.'
(Jean Paul)

'Ungeduld ist Angst.'
(Stefan Zweig)

'Frei handeln heißt sich in die reine Dauer zurückversetzen.'
(Henri Bergson)
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» Der 1. Satz – Buchanfänge

'Im Herbst des Jahres 1589, als in der Prager Judenstadt das große
Kindersterben wütete, gingen zwei armselige Spaßmacher, ergraute
Männer, die davon ihr Leben fristeten, daß sie bei Hochzeiten die
Gäste belustigten, durch die Belelesgasse, die vom Nicolasplatz
zum Judenfriedhof führte.'
(Leo Perutz: Nachts unter der steinernen Brücke)

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» 3 Tage Weekend

'Irgendwie müsste wieder eine zyklische Sozialzeit mit regelmässigen
gemeinsamen Ruhezeiten hergestellt werden. Natürlich nicht im Sinne
einer Sakralgesellschaft, wie das in der Antike und im Mittelalter der
Fall war. Eine derartige Sakralgesellschaft ist in unserer multikulturellen
Welt nicht mehr möglich.

Doch die Möglichkeit bleibt offen, dass wir uns durch den Dialog mit
anderen Kulturen, die die zyklische Sozialzeit noch kennen, zu einem
neuen Umgang mit der Zeit bekehren lassen. Wir brauchen nicht zum
Islam überzutreten, um den Vorschlag zu erwägen, ob in Europa nicht
vielleicht das Weekend auch auf den muslimischen Feiertag, den
Freitag, ausgedehnt werden sollte. Wir hätten dann bereits ein Ver-
hältnis der Arbeits- zu den Ruhetagen von vier zu drei.

In dieser Ruhezeit könnte wieder eine Kultur der Musse entstehen.
Ruhezeiten sind nicht nutzlose Zeiten, sie dienen auch nicht nur der
Regeneration der Arbeitskraft. Sie lassen (und schaffen) Raum für
Kreativität und Innovation. Solange wir ständig an der Arbeit sind
und Terminen nachrennen, fällt uns normalerweise kaum etwas
Vernünftiges ein. Gönnen wir uns dagegen etwas Ruhe, dann
kommen die innovativen Ideen und unsere Kreativität kann sich
entfalten. Eine Kultur der Musse meint Zeit haben zum Nachdenken.

Ein vielbeschäftigter Manager, der Präsident der Georgetown Uni-
versity, hat kürzlich geschrieben: "Der arbeitende Mensch ist gebeugt
über seine Arbeit und sieht nicht über sie hinaus, der Mensch der
Musse ist aufrecht und hat den weiten Horizont". Was die Kirchenväter
vom Unterschied zwischen Tier und Mensch gesagt haben, wird hier
auf die verschiedenen Formen der Zeitnutzung des Menschen über-
tragen.'

(Weihbischof Prof. Dr. Peter Henrici, Schweiz)
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» Vom Raum zur Zeit

'Ein Kind muss sich im Raum orientieren können und anfanghafte
Kenntnisse über Zahlen besitzen, bevor es die Zeit richtig einschätzen
kann. Beobachtungen an Kindern zwischen drei und sieben Jahren
lassen bereits erste Zeitvorstellungen erkennen.

Aussagen der Kinder über die Zeit sind in diesem Entwicklungsabschnitt
mit der direkten Anschauung verknüpft. So behaupten Kinder in diesem
Alter: Steine, die größer sind, seien auch älter als kleine Steine.
Ebenso beurteilen sie das Alter von Kindern und Erwachsenen:
Wer größer ist, muss älter sein!

Sehr deutlich wird das Verhaftetsein in der Anschauung beim Auto-
experiment: Zwei Autos werden vor den Augen der Kinder bewegt.
Ein Auto fährt schneller und legt im gleichen Zeitraum eine längere
Strecke zurück. Anschließend behaupten die Kinder, das Auto, das
eine längere Strecke zurückgelegt hat, sei auch länger gefahren.

Erwachsene bedienen sich des anschaulichen Zeitbegriffs, wenn sie
Kindern erklären: "Der Zeiger der Uhr muss dort stehen, dann ist die
Fahrt zu Ende ..." Differenzierte Untersuchungen konnten jedoch
zeigen: Wenn Kinder die Zeitbegriffe richtig verwenden, so fehlt
ihnen weiterhin eine genaue Vorstellung über die Zeitdauer. "Selbst
wenn ein Kind die Uhr lesen kann, hat es überhaupt noch keine
Vorstellung davon was eine Minute oder eine Stunde darstellt."
(Fraisse, P., 1985: Psychologie der Zeit.)'

(Michael Schnabel in www.familienhandbuch.de)
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» Das ganze Leben

'sueddeutsche.de: Wir wollen über Zeit sprechen. Viele haben ja das
Gefühl, sie hätten keine oder zu wenig ....
Karlheinz Geißler: Sie haben natürlich nicht zu wenig Zeit, sondern zu
viel zu tun. Zeit kommt ja immer neue nach. Die Frage ist doch eher:
"Was kann ich dagegen tun, dass ich so viel zu tun habe?".

Die Antwort heißt: Verzichten. Das ist die einzige Lösung. Darauf
verzichten, Geld zu verdienen oder auf Möglichkeiten des Konsums
verzichten. Keiner kann das ganze Leben leben, sondern nur einen
kleinen Teil von ihm. Wer das ganze Leben leben will, ertrinkt in Hetze.'

(Aus einem Interview mit dem Zeitforscher Prof. Karlheinz A. Geißler in
www.sueddeutsche.de; mit Dank an Albrecht Hollstein)
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» Zeit-Gedicht

Ballade des äußeren Lebens

Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen,
die von nichts wissen, wachsen auf und sterben,
und alle Menschen gehen ihre Wege.

Und süße Früchte werden aus den herben
und fallen nachts wie tote Vögel nieder
und liegen wenig Tage und verderben.

Und immer weht der Wind, und immer wieder
vernehmen wir und reden viele Worte
und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.

Und Straßen laufen durch das Gras, und Orte
sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen,
und drohende, und totenhaft verdorrte...

Wozu sind diese aufgebaut? Und gleichen
einander nie ? Und sind unzählig viele ?
Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?

Was frommt das alles uns und diese Spiele,
die wir doch groß und ewig einsam sind
und wandernd nimmer suchen irgend Ziele ?

Was frommt's, dergleichen viel gesehen haben?
Und dennoch sagt der viel, der "Abend" sagt,
ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt

wie schwerer Honig aus den hohlen Waben.

(Hugo von Hofmannsthal)
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» Dichter zur Zeit

'Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben.'

(Kurt Tucholsky)
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» my_time

Nächstes offenes Zeitbalance-Seminar: April 2005
im Luisenhof Visselhövede, http:/www.seminarhotel-luisenhof.de

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