Zeitbrief Nr. 55

 


Willkommen beim 55. my_time Zeitbrief – Oktober 2004
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zeitbrief@zeitbalance.de

» Inhalt

» Editorial
» Zeitnotizen und -gedanken
» Der 1. Satz
» Inneres Schweigen
» Kollektiver Schreikrampf
» Volle Hektik
» Dichter zur Zeit
» my_time
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» Editorial

Ende Oktober. Die Uhren zeigen ganz frisch die offizielle Winterzeit.
Draußen fallen die Blätter und legen die Strukturen der Bäume frei.
Eine Stimmung, die den Blick vom Außen zum Innen lenkt, und eine
Zeit von Übergang, Abschluß und Vollendung.

Eine schöne Zeit bis zum nächsten -brief wünschen

Wolfgang Hamm, Anja und Hans D. Brandhoff

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» Zeitnotizen und -gedanken

'Nichts scheut der moderne Mensch mehr als ein Rendezvous
mit sich selbst. Davon lebt die Vergnügungsindustrie.'
(Fritz Muliar)

'Strebe nach Ruhe - aber durch das Gleichgewicht, nicht durch
den Stillstand deiner Tätigkeit.'
(Friedrich von Schiller)
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» Der 1. Satz – Buchanfänge

'Ich möchte von der Liebe erzählen, das heißt, ich will davon erzählen,
was dieses 'Liebe' so alles mit uns macht.'

(Renan Demirkan: Über Liebe, Götter und Rasenmähn. Geschichten
und Gedichte über die Liebe.)

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» Inneres Schweigen

'Kinder unter zwei Jahren sollten grundsätzlich nicht vor dem Computer
sitzen, empfiehlt die amerikanische Kinderarzt-Akademie. Aber auch für
ältere Jungen und Mädchen gilt: Intensiver Umgang mit der Technik
verändert das Denken und die Wahrnehmung. Medienpsychologische
Studien zeigen, dass aktionsreiche Computerspiele, die von Bild zu Bild
jagen, zu einem "Verlust der inneren Verbalisierung" führen.

Das Gehirn benennt das Gesehene in der Kürze der Zeit nicht eindeutig
und kann es deshalb später nur schlecht wiedergeben.

Die Schnelligkeit der Bilder ist es auch, die Vielspielern die reale Welt
unerträglich langsam erscheinen lässt: Schulunterricht erleben sie wie
in Zeitlupe und daher als unendlich langweilig.

Andererseits belegt eine amerikanische Studie, dass geübte Spieler eine
verbesserte visuelle Aufmerksamkeit zeigen, was unter anderem beim
Ballsport oder später beim Autofahren von Nutzen sein kann.'

(Quelle: www.geo.de)
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» Kollektiver Schreikrampf

'Eindrucksvoll sind die Belege der wachsenden Wertschätzung, Inszenie-
rung und Perfektionierung beschleunigten Tempos: Die preussische Post
verlieh dem pünktlichen Postillon die „Ehrenpeitsche“, das schnellste
englische Schiff führte den „goldenen Hahn“ im Masttop, und Graf von
Schlieffen strich im Zeichen einer militärischen Effizienzneurose redun-
dante Adjektive und überflüssige Personalpronomina aus den Texten
seiner Untergebenen.

Frederick W. Taylor gestand dem Arbeiter bei optimiertem Bewegungs-
ablauf immerhin noch ein Kontingent von 20 bis 30 Prozent unvermeid-
lichen Zeitverlustes zu, damit er ein heruntergefallenes Werkstück auf-
heben oder sich am Ohr kratzen könne.

Aber die Ideologie der Geschwindigkeit geht davon aus, dass alles
immer auch noch schneller geht. Sie rechtfertigte Studien über das
Spitzen von Bleistiften ebenso wie ein Preisausschreiben der Stadt
Hannover von 1931, das eine flotte Begleitmusik zur Beschleunigung
des Maschinenschreibens suchte.

Borscheids Geschichte der Beschleunigung ist, je weiter sie in die
Gegenwart vordringt, immer deutlicher auch eine Geschichte des
Verlusts nicht nur der Langsamkeit, sondern der Zeit selbst.
Der Diagnostiker registriert mit Sorgfalt Symptome der Beschleunigung
wie den Stossseufzer der Lady Knightley von 1860: „Die Hälfte der
Menschen, denen ich in der Eisenbahn begegne, haben etwas Wildes
im Blick.“

Oder auch den kollektiven Schreikrampf der - überforderten - Telefo-
nistinnen einer von Siemens 1902 in Berlin eröffneten Telefonzentrale.'

(Aus einer Rezension der Neuen Zürcher Zeitung des Buchs
von Peter Borscheid: Das Tempo-Virus. Eine Kulturgeschichte
der Beschleunigung.)

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» Volle Hektik

'Besonders lebhaft sind die Proteine: Sie rotieren, pulsieren und stoßen
rund eine Milliarde Mal in der Sekunde zusammen. Die Enzyme, auch
sie Proteine, sausen überall herum und führen in einer Sekunde bis zu
1000-mal ihre Aufgaben aus. Wie stark beschleunigte Ameisen bauen
sie eifrig Moleküle auf und um, trennen von diesem ein Stück ab, fügen
an jenes ein Stück an.

Andere überwachen vorüberkommende Proteinmoleküle und markieren
solche, die irreparabel beschädigt oder fehlerhaft sind, mit einer chemi-
schen Substanz. Die so gekennzeichneten Moleküle sind zum Untergang
verdammt und gelangen in das Proteasom, eine Sruktur, in der ihre
Bausteine auseinander genommen und zum Aufbau neuer Proteine
wieder verwendet werden.

Die Proteine mancher Typen bleiben noch nicht einmal eine Stunde
erhalten; andere überleben mehrere Wochen. Aber für alle ist das
Dasein unvorstellbar hektisch.'

(Bill Bryson über Zellen in 'Eine kurze Geschichte von fast allem')
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» Zeit-Gedicht

Sprüche des Konfuzius

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

Keine Ungeduld beflügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifel zügelt
Ihren Lauf, wenn sie enteilt.
Keine Reu, kein Zaubersegen
Kann die stehende bewegen.

Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Weise,
Nimm die zögernde zum Rat,
Nicht zum Werkzeug deiner Tat.
Wähle nicht die fliehende zum Freund,
Nicht die bleibende zum Feind.
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Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohn Unterlaß
Strebt die L ä n g e; fort ins Weite
Endlos gießet sich die B r e i t e;
Grundlos senkt die T i e f e sich.

Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts mußt du streben,
Nie ermüdet stillestehn,
Willst du die Vollendung sehn;
Mußt ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe mußt du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.

Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

(Friedrich von Schiller)
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» Dichter zur Zeit

'“In unserer Zeit ...“ sagen die Leute, und sind sehr stolz darauf. Das
klingt of wie: „Bei uns in Tuntenhausen ...“. Es gibt Kleinstädter und
es gibt Kleinzeitler. Das Wort 'heute' wird zu oft gebraucht.'

(Kurt Tucholsky)
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» my_time

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